Vorbemerkung: Meine Frau meinte, als ich ihr nachstehenden Beitrag zeigte, er wäre sehr widersprüchlich; womit sie recht hat. Ich war beim verfassen in der Tat hin und her gerissen, zwischen Bejahung und Verneinung, zwischen Empörung und Vernunft.
Ein neues Blog
Vielleicht geschieht tatsächlich etwas. Vielleicht kommen wir einen Schritt weiter. Vielleicht verschwindet das Mokita (= das, von dem jeder weiß, jedoch worüber niemand spricht). Vielleicht hilft die Kampagne tatsächlich, die zwei Mitglieder des Betroffenenrates beim UBSKM (= Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs) als Blog gestartet haben. Das Blog ist betitelt „#ichhabeangezeigt“ und soll Betroffenen von sexueller Gewalt, die ihre Täter angezeigt haben, eine Möglichkeit bieten, ihre Erfahrung nach der Anzeige und mit dem Strafverfahren öffentlich zu machen.
So sehr ich dieses Blog begrüße, so sehr bin ich auch über die Intention des Blogs irritiert. So schreiben die Blogbetreiber auf der Startseite:
Die derzeitige Rechtslage, das hohe Ausmaß an Einstellungen, die Verfahrensführung und schlussendlich die ausgesprochenen Strafen in der Rechtsprechung bei sexualisierter Gewalt – oft am unteren Ende der rechtlichen Möglichkeiten (hohe Anzahl an Bewährungs- und Geldstrafen), sind ein eindeutiges Signal an Täter und Täterinnen. Sie können sich in Sicherheit wiegen. Die Dunkelziffer ist hoch. Sexualisierte Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist eines der sichersten Verbrechen und kann als in der Konsequenz mehr oder weniger straffreies Delikt betrachtet werden.
Die Falschbeschuldigung
Ich halte diese Behauptung für falsch. Sie unterstellt, dass die Gerichte ihrer Arbeit nicht nachkommen und Beweise nicht entsprechend würdigen, sondern den Opfern sexueller Gewalttaten misstrauen. Dagegen unterstellen die Blogger, dass jeder Anzeige zwingend eine Tat zugrundeliegt. Sie unterstellen, dass Täter mit milden Strafen davonkommen.
Dies ist allerdings nicht der Fall. Wir haben in letzter Zeit spektakuläre Prozesse erlebt, in denen Unschuldige von angeblichen Opfern falsch beschuldigte für viele Jahre ins Gefängnis gingen, weil sie sich auf keinen Deal einließen und keine Tat gestanden, die sie nicht begangen hatten, obwohl ihnen klar war, dass die Stimmung und die manipulierten Indizien gegen sie sprachen.
Wir erleben derzeit im Rahmen der Einwanderungswelle, dass es zu einer Vielzahl von Falschbeschuldigungen von Frauen gegen Flüchtlinge kommt. Viele dieser Falschbeschuldigungen konnten von der Polizei, die mittlerweile über ausreichend Erfahrung mit Falschbeschuldigerinnen verfügt, aufgedeckt werden, wodurch die falsch Beschuldigten vor langen Haftstrafen, bei denen sie der Gewalt der Mithäftlinge ausgesetzt wären, verschont blieben. – Eine Anzeige ist eben häufig kein Tatbeleg, sondern eine Falschbeschuldigung, auch das muss man sehen, wenn man eine solche Kampagne beginnt. Ich wünschte mir, wenn dieser Punkt noch besser formuliert werden würde.
Ich habe Verständnis dafür, dass man als tatsächliches Opfer sexueller Gewalt misstrauisch gegenüber den Ermittlern und den Gerichten ist, doch dieses Misstrauen nährt sich leider auch durch die Vielzahl an Falschbeschuldigungen, die vor Gericht scheitern. So entsteht ein verzerrtes Bild von der doch überwiegend gewissenhaften Arbeit unserer Ermittler und Gerichte. Wer mehr über Falschbeschuldigungen erfahren möchte, hier der Link zu der entsprechenden Rubrik im Forum Falsche Erinnerungen, das von einem Opfer sexueller Gewalt inzwischen rein als Archiv betrieben wird. Die Liste, der hier durch die Presse bekannt gewordenen Falschbeschuldigungen, ist erschreckend lang.
Die gefühlte Vergewaltigung
Ein weiterer Punkt der Blogger, dem ich kritisch gegenüberstehe ist die geforderte und inzwischen durch das Bundesjustizministerium in die Wege geleitete weitere Verschärfung des Sexualstrafrechtes. Diese Absicht gilt als eine Reaktion auf die Vorfälle in der Kölner Silvesternacht 2015; allerdings deckt die vorgesehene Verschärfung keines der in Köln angezeigten Delikte ab, denn diese waren und sind allesamt schon justiziable, andernfalls hätten sie ja nicht angezeigt werden können.
Die ausgearbeitete Verschärfung des Sexualstrafrechtes basiert hingegen auf alten Forderungen, die aus feministischen Kreisen stammen und die eine Vergewaltigungskultur behaupten, die es nicht gibt; vor allem dahingehend nicht, dass es nur Täter und keine Täterinnen gäbe. Um es banal zu sagen: Schlechter Sex ist noch keine Vergewaltigung. Wenn einem der gehabte Sex bereits beim Ankleiden reut, ist der gewesene Beischlaf kein Verbrechen und der Beischlafpartner kein Verbrecher oder eine Verbrecherin. Denn auch das wird aus den Forderungen Verschärfung des Strafrechtes deutlich: es sind paternalistische Forderungen von Feministen, die Frauen nicht mehr zutrauen, dass sie für sich selbst entscheiden können, was sie wollen oder nicht. Und dazu gehört auch, Entscheidungen zu treffen, die man wenig später bereut.
Im auf Männer übertragenen Fall käme nämlich bei solchen Forderungen nach Belästigungen durch Frauen – denen Männer ebenso tagtäglich ausgesetzt sind – eben dieses Argument der mangelnden Selbstbehauptung als ablehnender Vorwurf sofort zur Geltung. Obgleich ich die seelische Verletzung aus eben diesem Grund, der mangelnden Selbstbehauptung, aus meiner Geschichte heraus verstehen kann. Auch ich fühlte mich durch Frauen vergewaltigt. Nur wussten die Frauen, die mich derart „vergewaltigten“ nicht, dass sie es mit einem Opfer zu tun hatten, das über Jahre hinweg durch Übergriffe und erzwungene Duldsamkeit dementsprechend konditioniert worden war. Zu dieser Problematik hat Thomas Fischer (Richter am BGH) in seinem Aufsatz „Die Schutzlückenkampagne“ Stellung genommen.
Die vergessenen Jungen und Männer
Gleichwohl wünsche ich dem neuen Blog, dass es seiner primären Absicht gerecht wird, dass das Mokita gebrochen wird und offen über das falsche Tabu des allgegenwärtigen sexuellen Missbrauchs in den Familien gesprochen werden kann. Denn nur, wenn die Täter wissen, dass ihre Taten nicht mehr tabuisiert werden, werden sie sich selbst Einhalt gebieten und nicht mehr das tun, was sie bislang tun können, nämlich ihre Kinder zu vergewaltigen, zu missbrauchen, zu demütigen und ihnen verbal wie handgreiflich die Seele aus dem Leib zu schlagen. Und die Väter, Mütter und Verwandten, die das heute noch tun, tun das überwiegend nicht, weil sie Monster sind, sondern weil sie es schlicht können. Das aber ist das besonders grauenhafte daran, ein Kind zu vergewaltigen, nicht weil man psychisch krank ist oder eine krankhafte Neigung besitzt, sondern weil man ganz normal ist und es einfach nur tun kann, weil da ein Kind ist, das einem zur Verfügung steht.
Deshalb muss über den sexuellen Missbrauch in den Familien gesprochen werden. Und deshalb muss dringend über den dort geschehenden sexuellen Missbrauch von Jungen gesprochen werden, denn es sind derzeit die Jungen, die am meisten vernachlässigt werden. Nach der Allroggen-Studie (Prävalenz sexueller Gewalt) vom Universitätsklinikum Ulm ist bei ihnen die Dunkelziffer etwa um das 600fache höher, als die zur Anzeige kommenden Fälle. – Dahingehend typisch für die Vernachlässigung der Sexualverbrechen an Jungen ist auch das neue Blog: es verlinkt zwar in seiner Linkroll Frauenberatung und Frauennotrufe, aber im Gegensatz zu meinem Blog keine Beratung und Notrufe für Jungen und Männer. Es liegt also nicht daran, dass es sie gar nicht gibt. – Nein! Bundesweit sind es zwar noch kein Dutzend, aber wenigstens mehr als ein halbes.
Die Gouvernanten
Seltsam finde ich auch die gegenderte Schreibweise des Blogs #ichhabeangezeigt mit Sternchen, Unterstrichen und Schrägstrichen. Hier wird eine Ideologie sichtbar, deren Wesenszweck die Viktimisierung von Menschen, vornehmlich von Frauen und Mädchen ist. Es ist eine in allem geschlechtsbezogene Einteilung, als wenn der Mensch nur ein genitales Wesen ist, das ausschließlich von seiner sexuellen Orientierung bestimmt werden würde. Es ist vor allem eine paternalistische Schreibweise, durch die ihr Anwender, seine Leser als auch die Subjekte seiner Berichterstattung objektiviert, bevormundet und indoktriniert.
Diese Schreibweise ist für mich als Opfer, das überwiegend durch Frauen sexuell missbraucht wurde, eine Mitteilungsform, durch die ich mich ausgeschlossen und diskriminiert fühle. Sie ist zudem eine politische Schreibweise, die von einem feministischen Menschen- und Täterbild ausgeht, das wiederum breitflächig Jungen und Männer als Opfer ausschließt. In dieser Weise handelt es sich damit auch um eine Täterschreibe! Mit aus diesem Grund habe ich vor zwei Jahren bei Karin Jäckel den Beitrag: „Parteien haben kein Mandat von Opfern sexuellen Missbrauchs in der Kindheit“, verfasst.
Nein, ich habe nicht angezeigt
Ich habe weder die Mutter, noch den Vater angezeigt. Als der Missbrauch begann, war es 1956, und ich war 5 Jahre alt. Als der Beischlaf mit der Mutter geschah, war es 1966, und ich war 15 Jahre alt. Als der Vater mich in sadistischer Weise zu züchtigen begann, war ich wohl drei Jahre alt, und es war 1954. Als er mich missbrauchte, war ich 16 Jahre alt, und es war 1967. Eine Anzeige damals hätte wohl zur Folge gehabt, dass ich in ein Erziehungsheim oder in die Jugendpsychiatrie gekommen wäre, denn es war für die meisten Menschen damals unvorstellbar, was mir widerfuhr. Für sie war es allenfalls vorstellbar, dass, wenn überhaupt, nur Monster wie Jürgen Bartsch der 1966 verhaftet wurde, solche abscheulichen Dinge machten, aber niemals Eltern und schon gleich gar nicht eine Mutter.
Damals also hatte ich niemanden, dem ich davon erzählen konnte. Über die Jahre hatte ich mich mit dem Erlittenen arrangiert, ja hatte auch sporadisch wieder Kontakt mit den Tätern. Aber es war allgemein nicht opportun, über so etwas zu sprechen. Es war ja, gesellschaftlich gesehen, schon mehr als genug, dass man über von ihren Vätern missbrauchten Töchtern sprach. Ja, man begann stattdessen darüber zu sprechen, dass der Missbrauch von Jungen durch Männer ja gar nicht so schlimm sei. Und wenn ich dagegen aufbegehrte, begegnete man mir mit Unverständnis. Es war damals Peter Schult, der meinte, mir die Leviten lesen zu müssen, weil ich sein päderastisches Treiben als Missbrauch und nicht als politische Tat benannte. Und überhaupt hätte mich eine Anzeige damals gänzlich aus der Bahn geworfen, denn dann wäre ich mit dem Grauen zu einer Zeit konfrontiert gewesen, als ich es gerade durch geschicktes Vermeidungsverhalten aus meinem Alltag verdrängt hatte und es mich nur noch unverstanden in meinen allnächtlichen Albträumen quälte.
Nein, ich habe nicht angezeigt, und als ich anzeigen hätte können, als die akute PTBS ausgebrochen war und ich durch die ersten zwei Jahre Therapie so weit stabilisiert war, dass ich zumindest eine Skizze der erlittenen Schändung gegenüber Freunden mitteilen konnte, waren die Täter gestorben. Und bis dahin waren Jahrzehnte vergangen, und ich wäre in der Zwischenzeit beinahe noch vor den Tätern an den Folgen meines Drogenkonsums gestorben.
Auch wäre es schon wenige Jahre nach den Taten bereits sinnlos gewesen, Anzeige zu erstatten. Sie hätte nur den endgültigen Bruch zwischen mir und den Tätern um Jahre vorverlegt, doch ob ich damals für so eine Entwicklung schon reif gewesen wäre, bezweifle ich, denn damals war das Thema noch weit mehr tabuisiert als heute. Wahrscheinlich hätte ich mir damit nichts gutes getan, denn ich wäre alleine geblieben – mit meiner Anzeige.
Und das ist leider auch heute noch so. Jungen, die sexuell missbraucht wurden, die von ihren Müttern und Frauen aus ihrer Familie geschändet wurden, stehen heute beinahe noch ebenso alleine da wie ich damals. Es gibt kaum Anlaufstellen und kaum Beratungsstellen, wo sie Hilfe erwarten können. Und wenn, sind diese Beratungsstellen häufig nur von Frauen besetzt.
Es liegt, was die Hilfe für sexuell missbrauchte Jungen angeht, heute im Grunde noch immer nichts im argen, denn es wurde mit diesen Hilfen noch nicht einmal richtig begonnen. Denn dort wo es Hilfen gibt, sind diese für gewöhnlich auch noch der Ideologie des Gendermainstream und des Feminismus unterworfen. Derlei Orte aber sind nicht die Räume, die sexuell missbrauchten Jungen Schutz gewähren, sondern hier erleben sich die Jungen wieder als Objekt, diesmal als Objekt einer Indoktrinierung, die ihr Sein verleugnet und grundsätzlich diskriminiert. Ich habe mich dazu schon vor zwei Jahren im Karin Jäckel Forum geäußert.
Das schreit für mich alles nach feministischer Ideologie, die hinter diesem Blog steckt. Alle sind gegen Missbrauch und Vergewaltigung. Daher erreicht man viele Menschen, die oberflächlich lesen. Die Sexualstrafrechtsänderungen haben allerdings nichts mit Silvester zu tun. Angebliche Schutzlücken konnte mir auch noch niemand richtig aufzeigen.
Bei NICHT-Feminist haben wir oft über das Sexualstrafrecht geschrieben.
http://nicht-feminist.de/?s=sexualstrafrecht
Ich finde es entsetzlich, wenn diese Themen für eine Ideologie missbraucht werden.
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Gender Mainstreaming tut das Übrige mit praktizierter Identitätszerstörung (z. B. nicht-identitäre Jugenderziehung): Männer sehen keine ergänzende Aufgabe mehr gegenüber der Frau; sie haben wenig bis nichts mehr zu sagen; fliehen deshalb aus häuslicher Gemeinschaft; weisen schwindende Bindungsfähigkeit auf; wissen nicht mehr Vater zu sein; infolge völliger Entmachtung, haben keine Verantwortbarkeit und Orientierung –auch gegenüber der Nachgeneration. [siehe z.B. Buch: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 6. Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2014: ISBN 978-3-9814303-9-4]
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Hat dies auf jungsundmaedchen rebloggt.
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Die Gestzesprojekte basieren auf folgender Konvention:
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_des_Europarats_zur_Verh%C3%BCtung_und_Bek%C3%A4mpfung_von_Gewalt_gegen_Frauen_und_h%C3%A4uslicher_Gewalt
Sie wurde von Deutschalnd unterzeichnet aber nicht ratifiziert…
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