
Weggesteckt © birgitH / pixelio.de
Ich bin gereizt. Das Zinshaus, in dem wir wohnen, ist eine Baustelle, es wird renoviert. In der Früh wird bereits gehämmert und gebohrt, Wände durchsägt, Fenster ausgebrochen und, und, und … Doch ich stecke das weg, ich habe schlimmeres hinter mir, und stecke deshalb in einer schlimmen PTBS fest.
Doch eins stecke ich nicht weg, wenn gegenüber Kinderschändern Milde waltet. Warum sind es mildernde Umstände, wenn ein Vergewaltiger betrunken war? Das will mir schon seit meiner Lebtag nicht in den Kopf, warum Trunkenheit bei der Urteilsfindung als ein mildernder Umstand gilt. Wer sich im Rausch nicht mehr im Griff hat, handelte grob fahrlässig, wenn nicht gar methodisch vorsätzlich. Ein Mord, eine Vergewaltigung, eine Brandstiftung im Rausch – kein Problem, weil dann gibt es Strafrabatt.
Vor dem Landgericht Kiel wurde dieser Tage ein Kinderschänder verurteilt. Er hatte einen vierjährigen Buben in einer Toilette vergewaltigt, während sein Kumpan draußen Schmiere stand. Hierfür wurde der Kinderschänder zu 28 Monaten Haft verurteilt. Der Kumpan wurde mangels Beweisen freigesprochen. Skandalös ist nicht nur das Urteil, skandalös ist auch die Pressemitteilung des Gerichtes zum Urteil. Das Stadtmagazin Neumünster berichtet dazu:
Karin Witt, Sprecherin des Landgerichts Kiel berichtet warum es eine Strafmilderung gab:
„Das Gericht hat keine strafschärfenden Gründe, wie zum Beispiel Vorstrafen, beim Angeklagten festgestellt. Strafmildernd hat sich die Alkoholisierung und die hohe Haftempfindlichkeit des Täters ausgewirkt: Er ist jung, kann kein Deutsch und wurde in der Untersuchungshaft bereits angegriffen. Das Opfer hat die Tat gut weggesteckt, es sind keine schweren Folgen zu erwarten.“
Nicht nur, dass der Täter sich erst Mut antrinken musste, ehe er das Kind vergewaltigte, sondern auch seine hohe „Haftempfindlichkeit“ wirkte sich strafmildernd aus. Diese Begründung ist eine Verhöhnung des Opfers! Ja, warum kam das Gericht nicht noch auf die Idee, den Täter, einen Afghane,, der hier Asyl beantragt hatte, überhaupt frei zu sprechen, weil es in seiner Heimat die Vergewaltigung präpubertärer Buben ein fest verankerter Brauch ist. Er nennt sich dort Bacha Bazi (ich bloggte darüber hier). Von dieser widerlichen Unsitte sind etwa die Hälfte aller afghanischen Jungen bis zu ihrem 16. Lebensjahr betroffen. Jeder Junge in Afghanistan, muss also realiter damit rechnen, mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem erwachsenen Mann vergewaltigt zu werden. Wo also soll da noch eine strafbare Handlung sein, wenn wir bereits ebenso die Vergewaltigung von Mädchen in Kinderehen als fremde Sitte und Brauch auch hierzulande dulden?
Ja, diese rhetorische Frage ist zynisch, doch nötig, da anders die perverse Einschätzung der Taten und Täter nicht mehr deutlich wird. Schließlich ist dieses Urteil Teil eines strukturellen Kindesmissbrauches, der hinter den Fassaden unserer so scheinheiligen Gesellschaft als Schema der Verdrängung und Missachtung besteht. Nachdem 2010 mit dem runden Tisch, die „Seuche“ des sexuellen Missbrauches „aufgearbeitet“ wurde, muss man ja jetzt nicht mehr so genau hinschauen. Wir hatten ja vorher schon nichts damit zu tun, das waren ja nur ein paar pädophile Popen … Genau diese grundsätzliche Ignoranz aber schafft und erhält die allgegenwärtigen Strukturen sexualisierter Gewalt.
Doch mit der Verhöhnung des Opfers aufgrund der milden Strafe war es dem Kieler Landgericht wohl noch nicht genug, darum setzte es noch eins drauf: „Das Opfer hat die Tat gut weggesteckt, es sind keine schweren Folgen zu erwarten“, ergänzte die Gerichtssprecherin. – Wen wollte sie damit beruhigen?
Genau: „Jungs stecken sowas weg!“, ist seit den 80er Jahren ja die Meinung des grünen Mittelstandes, wenn es um sexuellen Missbrauch von Jungen geht; weswegen es auch allerorten Beratungsstellen für Mädchen und Frauen gibt, aber nicht mal bundesweit ein Dutzend für Jungen. So meinten die Berliner Grünen einst:
Sie (die Opfer) waren zwar unterschiedlicher Herkunft, es handelte sich aber immer um Jungen. Seitens der linken Männer habe es bis Ende der 1980er Jahre für diese Opfer so gut wie keine Unterstützung gegeben. Ihr wurde entgegnet:
„Wir wollen doch niemanden diskriminieren. Bei Jungen ist es vielleicht nicht so schlimm, bei Mädchen viel schlimmer. Im pädosexuellen Bereich ist das ja einvernehmlich, wir üben keine Gewalt aus.“ (Bericht der Berliner Grünen, S. 85)
Doch ist der berichtete Skandal damit noch nicht zu Ende. Ich spreche bei ihm von Vergewaltigung, das Gericht und auch die Staatsanwaltschaft meinten jedoch, nur einen Fall von „schwerem sexuellen Missbrauch“ ahnden zu müssen. Für gewöhnlich gilt das Eindringen in eine Körperöffnung als Vergewaltigung – weswegen auch Frauen vergewaltigen können. Hier aber erklärte Oberstaatsanwalt Axel Bieler gegenüber der Presse:
„Eine Vergewaltigung wird nur bestraft, wenn sie mit Gewalt oder der Drohung von Gewalt durchgesetzt wurde. Davon gehen wir in diesem Fall nicht aus. Bei Kindern reicht es oft nur aus, wenn man ihnen die bloße Anweisung – wie ‚Nimm ihn in den Mund‘ – gibt. Deswegen wurde der Haupttäter auch ‚nur‘ wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes angeklagt.“
Weiter gedacht, bedeutet das aus der Sicht des Staatsanwaltes, wohl, dass Kinder überhaupt nicht vergewaltigt werden können, weil sie ganz nach einstigem grün-alternativen Pädophilengeschwätz stets einvernehmlich handeln.
Doch das war nicht der erste Fall, bei dem Oberstaatsanwalt Axel Bieler eine merkwürdige Einschätzung sexualisierter Gewaltverbrechen zeigte. Im Januar dieses Jahres missbrauchte ein 30jähriger ein fünfjähriges Mädchen in einem Kieler Kindergarten. Bieler nahm den Täter allerdings nicht in Untersuchungshaft, da er keinen weiteren dringenden Tatverdacht gesehen habe. Sechs Wochen später entführte der gleiche Täter ein siebenjähriges Mädchen und vergewaltigte es in seiner Wohnung. Auf sein Versagen hin angesprochen meinte Bieler:
„Es lag eine Anzeige gegen ihn vor. Wir haben zum damaligen Zeitpunkt keinen dringenden Tatverdacht gesehen und auch keine Haftgründe, so dass die Person damals nicht in Untersuchungshaft gegangen ist. Das ist jetzt in Anbetracht des neuen Vorfalls sehr tragisch, was wir außerordentlich bedauern.“
Nein, tragisch ist das nicht, sondern ignorant gegenüber den Opfern und dem eigenen Versagen. Da waren keine Götter im Spiel, die das Schicksal lenkten und so eine Tragödie bewirkten, sondern nur ein Staatsanwalt, der ganz in gesellschaftlichen Strukturen verhaftet ist, zu denen eben auch Blindheit und Nachlässigkeit gegenüber Kinderschändern zählt. Und es muss meines Erachtens ein strukturell gesellschaftliches Versagen sein, wenn fünf Jahre nach dem Abschlussbericht des Runden Tisches das institutionelle Versagen der Justiz bei Kindesmissbrauch zur Tragödie bagatellisiert oder ein Täter wegen „Haftempfindlichkeit“ geschont wird. – Vor allem auch deswegen, wo die Taten nicht in der klandestinen Verborgenheit der Familie stattfanden, sondern in einer Flüchtlingsunterkunft und in einem Kindergarten; also Brennpunkten, von denen man weiß, dass hier pädophile Gewalttäter finden, was sie suchen, und sämtliche Mitarbeiter entsprechend geschult sind. Offensichtlich wollen wir nicht mehr hinsehen, weswegen selbst die nicht mehr hinsehen, die hierauf vorbereitet sein sollten.